Mit Chris und Aleks von Roadtrip Stories.
Im Rahmen des Magazinthemas „Urlaub, Reisen und Roadtrips in Zeiten der Corona-Pandemie“ haben wir uns mit Insidern der Reisebranche, Reiseanbietern und mit Menschen unterhalten, die im Sommer/Herbst 2020 auf Reisen waren. Auch Chris und Aleks von Roadtrip Stories waren zur Zeit der Corona-Maßnahmen-Lockerungen im Sommer 2020 auf Reisen und 3,5 Wochen lang unterwegs. In der zugehörigen Story hier schreiben sie detailreich von ihren Roadtrip-Erlebnissen in Österreich, Slowenien und Kroatien. Wie sehr die beiden dabei von der Pandemie beeinflusst wurden, erzählen sie im Interview.
Beginn des Interviews
Chris, Aleks, ihr wart von August bis Mitte September 2020 auf einem Roadtrip – von München aus bis nach Zadar in Kroatien und wieder zurück. Wie war es für euch, während der Corona-Pandemie auf Reisen zu sein?
Aleks: Wir sind zu einem Zeitpunkt verreist, als die Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung etwas lockerer wurden und es für Reisevorhaben keine Hürden gab. Dennoch war es, vor allem zu Beginn des Roadtrips, ein ziemlich ungewöhnliches und seltsames Gefühl. Für mich persönlich zum einen dadurch, dass es die erste längere Reise war, die ich nicht alleine unternahm und zum anderen natürlich auf Grund der Corona-Situation, die sich schon sehr früh während des Roadtrips bemerkbar machte. Bereits bei der ersten Kaffee-Pause am Irschenberg an der A8 war die Pandemie durch gastronomische Hygiene-Maßnahmen ein Teil unserer Reise und uns wurde schnell klar, dass diese anders als erwartet verlaufen könnte als gedacht. Wir hatten das Ziel, uns selbst zu schützen – und andere, die mit uns in Kontakt kämen – und auch das Risiko einer Ansteckung von Familienmitgliedern bei der Heimreise wollten wir vermeiden. Daher waren wir ziemlich streng mit uns selbst in Bezug auf Hygiene-, Masken- und Abstands-Regeln. Insbesondere, da auch innerhalb unserer Familien Personen sind, für die eine Corona-Infektion ein erschwertes Risiko darstellen könnte. So gab es keinen Halt am Supermarkt ohne Händedesinfektion beim Betreten, beim Bezahlen, oder beim Einstieg ins Auto. In unserem Kleinwagen hatten wir Desinfektionsmittel-Flaschen förmlich gebunkert. Doch so hart die Einhaltung dieser Regeln auch klingen mag – für Chris und mich wurde das schnell zur Routine. Reise-Feeling hatten wir dennoch ohne Ende. Durch unsere Art des Reisens waren wir zudem extrem flexibel und konnten ziemlich spontan agieren. So wollten wir uns bspw. den Krka Nationalpark in Kroatien mit seinen zahlreichen Wasserfällen ansehen – da das Gebiet während unserer Reise jedoch als Corona-Risikogebiet eingestuft wurde, wählten wir einfach ein anderes, nicht minder tolles Ziel. Doch tatsächlich befanden wir uns dann auch einmal selbst in einem Risikogebiet, das erst während unseres dortigen Aufenthalts als solches kategorisiert wurde – das vermieste uns jedoch keineswegs den Roadtrip. Wir verzichteten einfach darauf, wie schon während der gesamten Reise, geschlossene öffentliche Räume zu betreten oder Plätze mit Menschenandrang zu besuchen. Stattdessen verbrachten wir die Zeit meistens in der Natur. Und da wir mit einem Kleinwagen unterwegs waren und unsere Übernachtungen so stets in Unterkünften verbrachten, lüfteten wir diese täglich durch öffnen der Fenster und desinfizierten Oberflächen als auch sämtliche Türgriffe. Des Weiteren prüften wir täglich einen möglichen Anstieg der Infektionszahlen, um schon im Voraus potenzielle Reiserouten planen zu können. Ein kleiner Aufwand, der uns eine tolle 3,5 Wochen lange Reise ermöglicht hat.
Habt ihr euch durch die Corona-Pandemie in eurem Reise-Verhalten eingeschränkt gefühlt?
Chris: Da wir bereits vor der Pandemie die Idee eines Roadtrips hatten, hat diese auch nicht die Form des Reisens beeinflusst. Ich würde sogar sagen, unsere Reiseart hat uns in die Karten gespielt. Durch die Fortbewegung mit dem Auto hatten wir sehr wenig Kontakt mit Mitreisenden, die man bei einer Reise mit dem Flugzeug, Bahn oder Bus gehabt hätte. Auch die Unterkünfte, die wir über Airbnb gebucht haben, hatten wir komplett für uns allein. Nur einmal waren wir in einer Unterkunft mit einem Gemeinschaftsbad, aber bewaffnet mit Desinfektionsmittel ließ sich auch dieses Problem gut lösen. Durch den Roadtrip als unsere Form des Reisens, hatten wir immer die Möglichkeit auf Situationen in den jeweiligen Ländern zu reagieren. Wir konnten flexibel unsere Unterkünfte stornieren oder buchen und waren durch das Auto nicht wirklich an einem Ort gebunden. Zur Not hätten wir sogar im Wagen schlafen können.
Aleks: Außerdem sind wir viel in der Natur gewesen – hier schien das Virus weniger allgegenwärtig als in Städten. Dabei wanderten wir, entdeckten bspw. die wilde Seite Sloweniens im Triglav Nationalpark oder naturbelassene Orte in Kroatien. Aus dem Staunen kamen wir nur selten wieder heraus. Ab und zu, mit etwas Abstand, war auch der Gesprächsaustausch mit Locals und anderen Reisenden möglich. Auch in Ortschaften oder Städten fühlten wir uns nicht durch die Pandemie beeinträchtigt – da wir, wie erwähnt, mit uns selbst ziemlich streng und schon fast penibel bzgl. der Einhaltung der Pandemie-Regeln waren. Wir befanden uns fast ausschließlich im Freien und konnten neben dem Genießen der Sonne auch die ein oder andere kulinarische Leckerei ausprobieren. So wurden wir in keinster Weise in unserem Reiseverhalten eingeschränkt. Einfach allein schon auf Grund der Tatsache, dass wir Orte ausgewählt haben, in denen die Anzahl der Menschen überschaubar war, konnten wir uns uneingeschränkt, dennoch mit Vernunft und Vorsicht, bewegen.
Ihr erzählt, dass ihr während des Roadtrips in Unterkünften übernachtet habt. Welche Art von Unterkünften?
Aleks: Vorab muss man hier sagen, dass wir auf Grund der Pandemie bevorzugt hätten, mit einem Van oder einem größeren Mietauto inklusive Dachzelt zu reisen. Aus Kostengründen war das für uns leider nicht möglich. Daher entschlossen wir uns dazu, Unterkünfte zu buchen, meist über Airbnb. Mit den Hosts tauschten wir uns dementsprechend vor Anreise aus. Die Unterkünfte waren meist einfach ausgestattete Doppelzimmer oder Appartments, die, wie Chris erwähnt hat, wir komplett für uns alleine nutzen konnten. Lediglich eine Entscheidung sollten wir in Pandemie-Zeiten nicht wiederholen: Denn als die kroatische Region Zadar als Corona-Risikogebiet eingestuft wurde, befanden wir uns mit Freunden in einer gemieteten Villa am Rand der gleichnamigen Küstenstadt. Vor Ort hatten wir eine super Zeit. Doch jetzt, rückwirkend, würden wir während einer Pandemie keine Unterkunft mit anderen Menschen teilen, die nicht schon an vorherigen Tagen mit uns auf Reisen waren – so etwas erhöht nur das Risiko einer Ansteckung für jeden.
Chris: Persönlich würde ich immer zuerst versuchen, statt einem Hotel, eine Airbnb Unterkunft zu buchen. Die sind meist günstiger als Hotelzimmer und man kann genau das buchen, was man für diesen Tag oder für die Woche benötigt. Wer dazu Lust hat oder auch Geld sparen will, bucht eine Unterkunft mit Küche und verpflegt sich selbst. Mit einer Waschmaschine in der Unterkunft kann man benutze Kleidung waschen. Dadurch kommt man mit viel weniger Kleidung aus als bei einem typischen Urlaub und spart somit Platz im Koffer und im Auto. Das ist bei einem Roadtrip sehr praktisch. Hotelzimmer haben wir nur gebucht, wenn wir kein passendes Airbnb Quartier gefunden haben oder diese bereits komplett ausgebucht waren.
Was haben eure Familien, Freunde und Arbeitskollegen dazu gesagt, dass ihr während der Corona-Zeiten verreist?
Aleks: Bei mir war es vor allem die Familie, die sich natürlich Sorgen gemacht hat, dass Chris und ich uns anstecken könnten. Daher habe ich genau erklärt, wie wir reisen werden und wie wir eine Ansteckung für uns selbst oder andere vermeiden wollen. Für mich persönlich schien unser Reise-Verhalten und unser Plan sogar sicherer als der Aufenthalt in unseren Heimat-Regionen, da bspw. Chris beim Arbeitsweg in der U-Bahn in München täglich vermutlich auf viel mehr Menschen stößt, als wir beide insgesamt während unserer gesamten Reise. Da wir mit einem Kleinwagen unterwegs waren und deshalb das Übernachten in Unterkünften bevorzugten, hatten Chris und ich auch eine für einen Roadtrip untypische, sehr detaillierte, aber dennoch flexible Planung unserer Reiseroute vorgenommen. Mit Freunden traf ich mich auch schon ab Beginn der Corona-Pandemie nur noch sehr selten, erhielt aber während der Reise oft Nachrichten mit Fragen, wie Chris und ich eine solche Reise zu Pandemie-Zeiten bewerkstelligen können.
Chris: Wie Aleks es beschreibt, so ähnlich war es auch bei mir. In erster Linie haben sich die Eltern Sorgen gemacht, ob wir gesund wieder nach Hause kommen. Zusätzlich war meine Mutter besorgt darüber, ob man überhaupt wieder ohne Schwierigkeiten zurück nach Deutschland kommt, wenn man in einem Risikogebiet war. Ich habe auch meinen Chef über die Reisepläne informiert und mich vorab erkundigt, welche Optionen mir bleiben, wenn ich mit einer Infektion zurück aus dem Urlaub käme. Tatsächlich wurde ich von meiner Firma dabei ermutigt, diesen Roadtrip zu machen – und dass ich mir nicht zu viele Sorgen bei einer Heimreise mit Ansteckung machen solle. Denn eine Ansteckung sei überall möglich. Corona kennt keine Landesgrenzen. Ich kann mich bei meinem Nachbarn anstecken oder in einem Supermarkt in Kroatien. Zu dieser Zeit war die Ansteckungsgefahr in Österreich und Kroatien etwa gleich mit der in Deutschland und in Slowenien schien es insgesamt sogar sicherer.
Plant ihr beide schon Reisen für das Jahr 2021?
Chris: Von meiner Seite aus gibt es da noch keine konkreten Reisepläne. Ich würde gerne mal eine Fernreise unternehmen, da ich noch nie außerhalb Europas war – sollte Corona dies zulassen – und hoffe, dass dies wieder ab August oder September möglich ist. Thailand, Südafrika oder Chile würden mich sehr interessieren. Auch könnte ich mir wieder einen Roadtrip vorstellen. Diesmal in Richtung Skandinavien. Mit Dänemark, Schweden und Norwegen. Aktuell, mit Pandemie, lässt es sich aber schwer planen.
Aleks: Ich sehe das ähnlich. Von planen kann man aktuell sicherlich nicht sprechen. Es gibt einige Reiseziele, die ich gerne schon bald kennenlernen möchte. Sollte sich die Möglichkeit ergeben, würde ich aber gerne einfach mal mit dem Auto losfahren, ohne konkretes Ziel, womöglich Richtung Atlantikküste, für ein paar Wochen oder Monate. Beim letzten Roadtrip hatten Chris und ich viel geplant – das lag primär daran, dass wir zu zweit in einem Kleinwagen unterwegs waren, die Pandemie stets präsent war und wir das Schlafen in gebuchten Unterkünften als bessere Wahl hielten. Ich denke aber, dass ich, auch in Anbetracht der Corona-Pandemie, bei einer Reise ohne konkretem Ziel noch flexibler agieren könnte, als Chris und ich das nicht ohnehin schon beim letzten gemeinsamen Roadtrip konnten. Darauf freue ich mich schon jetzt. Je nach Vehikel-Typ dann solo oder zu zweit.
Welche Ratschläge habt ihr für andere Reisende, die für 2021 planen?
Chris: Ich gehe aktuell davon aus, dass das Thema Corona auch im Jahr 2021 noch eine prägende Rolle spielen wird. Somit wäre mein erster und vermutlich auch mein einziger Ratschlag: „Wenn ihr reist, dann achtet auf eure Gesundheit!“ Haltet euch von großen Menschenmassen fern und meidet jegliche Art von öffentlichen Partys. Bewaffnet euch mit Desinfektionsmitteln und wascht euch so oft wie möglich die Hände. So haben Aleks und ich unsere Reise sicher und gesund gemeistert. Seid bereit, auch auf etwas verzichten zu können. Wenn es in einem Land Risikogebiete gibt, dann meidet diese. Ist der Strand zu überfüllt, sucht einfach einen anderen auf, oder platziert euch abseits des Strandes. Es gibt immer eine Möglichkeit, das Beste aus der Situation zu machen. Seid kreativ. Und wer weiß, vielleicht ist die spontane Umplanung sogar noch viel besser als der ursprüngliche Plan.
Aleks: Absolut. Und Flugreisenden empfehle ich den Gedanken, mit dem Auto erreichbare Reisen anzutreten – bei plötzlich auftauchenden Zwangslagen ist man so unabhängiger – und erlebt als bereichernden Mehrwert auch noch die Landschaft zwischen Start und Ziel. Ansonsten gebe ich gerne mit, was ich selbst vor gut zwei Jahren zum ersten Mal am eigenen Leib erfahren durfte: Ein Roadtrip kann die perfekte Reiseart sein, wenn man nach Entschleunigung, Abenteuern, unvergesslichen Momenten, neuen Perspektiven, tollen Orten und Energie sucht – nebenbei erweitert man einfach mal so seinen eigenen Horizont um ein vielfaches. Unbeschwert, leicht, ohne Zwang – und ohne Programm, an das man gebunden wäre – dafür mit viel Natur, wechselnden Landschaften und voll an Erfahrungen und großartigen Erinnerungen – das formt die eigene Persönlichkeit und liefert Unmengen an Power und Inspiration.
Wie stillt ihr das Fernweh in Lockdown-Zeiten?
Chris: Wegen der Jahreszeit bin ich derzeit eher etwas ruhiger und gemütlicher eingestellt. Bei Fernweh erinnere ich mich gerne an vergangene Reisen, packe Fotoalben aus und schwelge in Erinnerungen. Das Schönste ist, wenn man erlebte Momente teilt und sich gegenseitig davon erzählt. Ich hoffe, das verursacht jetzt nicht noch mehr Fernweh beim Lesen. Ansonsten empfehle ich: Positiv und zuversichtlich bleiben: Es wird eine Zeit nach der Pandemie geben und wenn jetzt alle darauf achten, diese einzudämmen, dann steht der nächsten Reise bestimmt nichts mehr im Wege.
Aleks: Mir geht es da ähnlich wie Chris. Jetzt im Winter verspüre ich nahezu kein Fernweh. Sicher, ein Hütten-Aufenhalt, dazu eine Sauna mit klarem Sternenhimmel und die ein oder andere Schneewanderung mit abschließendem Glühwein am Kaminfeuer – das würde mir schon gefallen – aber das Allgemeinwohl samt Pandemie-Bekämpfung haben meiner Ansicht nach Priorität. Stattdessen schreibe ich aktuell das Erlebte der letzten zwei Jahre nieder und kucke mir dazugehörige Bilder an – und befinde mich so gedanklich direkt wieder auf Reisen und inmitten der Erinnerungen. Auch schaue ich mir gerne Dokumentationen und Youtube-Videos anderer Reisenden an und überlege zudem, wie ich die Art meines Reisens umweltfreundlicher und nachhaltiger gestalten kann. Dann hilft auch mal das ein oder andere gute Buch. Generell reise ich nicht nur der Reisen wegen, sondern, um persönlich zu wachsen, neue Energie und Perspektiven zu sammeln und um die Welt besser kennenzulernen und zu verstehen – und, um die Natur zu spüren.
Mehr über „Urlaub, Reisen und Roadtrips in Zeiten der Corona-Pandemie“ findest du hier im Hauptartikel zum Thema. Zudem haben wir aus den Gesprächen und Erfahrungen von Reisenden, Reiseanbietern und Reisebranche-Insidern im Winter 2020 sieben Regeln für das Reisen während der Corona-Pandemie erstellt. Zu diesen Regeln gelangst du hier.
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Interview: 2020, internes Interview der Roadtrip Stories Redaktion .