Im Rahmen des Magazinthemas „Urlaub, Reisen und Roadtrips in Zeiten der Corona-Pandemie“ haben wir uns mit Insidern der Reisebranche, Reiseanbietern und mit Menschen unterhalten, die im Sommer/Herbst 2020 auf Reisen waren. Die Fotografin und Social Media Strategin Sarah Pour aus Frankfurt am Main war dabei unter anderem im Reich der Dolomiten und in Venedig unterwegs. Im Interview sprechen wir mit ihr über den Zeitpunkt, als die von der Corona-Pandemie und dem Eintreten der Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung erfahren hat – und – wie sie sich dabei auf Reisen verhalten hat, um sich und andere Personen nicht unnötig in Infektionsgefahr zu bringen.
Beginn des Interviews
Liebe Sarah, wie war für dich als Vielreisende und Naturliebhaberin der Moment, als du von der Corona-Pandemie erfahren hast?
Sarah: Ich war in Hamburg, als sich die Lage zuspitzte. Da für alle diese Situation neu war, merkte man eine gewisse Anspannung. Auch ich, muss zugeben, war angespannt. Von Masken beispielsweise war hier noch keine Rede. Eigentlich ist die Bahn eine eher selten von mir genutzte Reisewahl, aber in diesem Fall reiste ich mit der Bahn nach Hamburg und wieder zurück. Etwas mulmig war mir, besonders auf der Heimreise, dann doch. Während des ersten „Lockdowns“ war ich nur zuhause. Nachdem die ersten Lockerungen in Deutschland eingetreten sind, musste ich einfach wieder los und wählte einen Kurztrip an den Eibsee. Dieser war sehr spontan. Mich hat es einfach nach der ganzen Zeit zuhause wieder in den Fingern gejuckt, zumindest eine kleine Veränderung der Landschaft zu haben, weshalb ich kurzerhand beschlossen habe, für ein Wochenende in die Berge zu fahren. Zu dem Zeitpunkt war ich die bisher längste Zeit nicht auf einer Reise gewesen. Und für mich gehören Inlandsreisen ebenfalls zum Reisen dazu, auch wenn viele das vielleicht anders sehen. Im Spätsommer war ich mit paar Freunden am Meer in Holland (in Scheveningen). Diese Kurzreise war etwa einen Monat vorher geplant. Es war ein Geburtstagsgeschenk für einen der Freunde. Und zu guter Letzt war ich den Oktober über in Italien. Diese Reise wurde mehrfach überarbeitet. Eigentlich wollten wir ein Reiseziel wählen, wo wir noch etwas Strand und Sonne abbekommen. Dadurch, dass geplante Ziele fast laufend zu Risikogebieten erklärt wurden, mussten wir umplanen und haben uns etwa Mitte September für einen Roadtrip in Italien entschieden. Dort waren wir erst in den Dolomiten, danach in Venedig – da wir immer wieder gehört haben, die Stadt sei wie leergefegt seit Corona, wollten wir sie uns mal anschauen – und zum Schluss waren wir noch am Gardasee. Im Vergleich zu den Jahren davor bin ich deutlich weniger gereist, weshalb ich meinen Fokus auf die direkte Umgebung gelegt habe. Wie Tagestrips nach Heidelberg, kleinen Tagesausflügen im Taunus, oder auch einfach meine Wahlheimat Frankfurt besser kennenzulernen und hier mit dem Fahrrad auf Erkundungstour zu gehen.
Seit der Pandemie bin ich ausschließlich mit dem Auto verreist. Was nicht ganz untypisch für mich ist, jedoch war, unter normalen Umständen, ein guter Mix aus Flug- und Autoreisen vorhanden. Am Eibsee war ich alleine, was durchaus schon mal vorkam. Diese eine Reise war aber einfach eine sehr spontane Entscheidung meinerseits, weshalb sich niemand gefunden hat, der mit konnte. Die beiden weiteren Trips waren mit Partner und Freunden bzw. nur mit meinem Partner.
Du erzählst davon, dass du dich, da viele deiner ursprünglich angedachten Reiseziele während deiner Planung zu Risiko-Gebieten erklärt wurden, für das Reisen mit dem Auto entschieden hast. Welche Vorteile haben sich dir und deinem Partner, der dich begleitet hat, durch diese Art des Reisens eröffnet?
Sarah: Dadurch, dass wir uns für eine Autoreise entschieden haben, konnten wir uns den Mietwagen sparen, welchen wir mit Sicherheit für einige Tage angemietet hätten, hätten wir eine Flugreise gemacht. So haben wir natürlich auch etwas Geld gespart. Eine Reise mit seinem eigenen Auto lässt einen viel flexibler reisen. Man muss nicht zwingend die gesamte Route vorab schon planen, auch wenn dies natürlich etwas angenehmer ist, aber man kann zwischendurch (sofern gewünscht) Zwischenstopps einlegen. Hinzu kommt – und für mich ist das ein sehr wichtiger Punkt – es ist mit dem eigenen Auto einfach um Längen angenehmer.
Gab es fernab der Vermeidung von Risiko-Gebieten weitere Punkte, auf die ihr während eures Roadtrips geachtet habt?
Sarah: Wir wollten unsere Zeit in ruhigeren Gegenden verbringen. Weshalb wir die meiste Zeit in den Dolomiten und am Gardasee verbracht haben. Hier haben wir alle Sehenswürdigkeiten ganz für uns allein gehabt, was uns natürlich umso mehr gefreut hat, da wir es uns nicht so leer vorgestellt hatten. Aber gerade wegen Corona haben wir die Chance ergriffen und haben Venedig besucht – ich denke, so leer wird man diese Stadt nie wieder vorfinden. Viele Freunde haben Venedig bereits bereist. Von ihren Stories, wie voll die Stadt unter normalen Umständen ist, war ich immer sehr abgeneigt mir die Stadt selbst mal anzusehen. Aber man glaubt es kaum, auf dem Markusplatz waren mit uns nur weitere neun Leute und das um 13 Uhr. Hier tummeln sich normalerweise wohl zig Menschen. Ansonsten haben wir natürlich die vorgeschriebenen Maßnahmen, wie Maske tragen und Abstand halten etc, auch im Urlaub weiterhin beachtet.
Deinem Statement „für mich gehören Inlandsreisen ebenfalls zum Reisen dazu“ stimmen wir absolut zu. Wie findest du deine Reiseziele im Inland und welche Suchtipps hast du parat?
Sarah: Am häufigsten finde ich Inspiration für neue Reiseziele über Instagram. Entweder durch andere, denen ich folge, oder aber auch über die Discovery Seite. Und wenn ich wirklich ganz viel Spaß an der Sache habe, gebe ich über Instagram in der Suchfunktion Hashtags oder Reiseziele ein (ganz grob, wie z. B. „Sächsische Schweiz“) und komme darüber auf Sehenswürdigkeiten, die mir vorher unbekannt waren. Da hierbei leider der genaue Ort meist nicht markiert ist, nutze ich Google und gebe dann Suchbegriffe ein, welche mit dem Bild zu tun haben. Wenn beispielsweise eine Brücke auf dem Bild war, dann lauten die Suchbegriffe „Brücke Sächsische Schweiz“ und nach einigen Klicks und öffnen verschiedener Seiten, Blogs und Co findet man den gesuchten Ort. Genauso hilfreich für neue Reiseziele ist Pinterest. Entweder wird auf der „Home Für Dich Seite“ ein Pin angezeigt, den man sich dann genauer anschauen kann, oder aber unter der „Home Travel Seite“, wo einem dann ein Pin wie „1 Tag in Nürnberg“ angezeigt wird.
Wie stillst du dein Fernweh in Lockdown-Zeiten?
Sarah: Mein Fernweh stille ich indem ich Bilder älterer Reisen anschaue, was ganz besonders jetzt auch ganz interessant ist, da viele davon dann für ein Bilderbuch oder als Poster in Frage kommen. Durchaus auch als Geschenk geeignet. Zudem recherchiere ich, welche Reiseziele für die Zukunft in Frage kommen und plane ganz grob meine Reisen, welche für das Jahr 2020 geplant waren, aber leider verschoben werden mussten. So habe ich jetzt schon etwas, worauf ich mich freue. Auch, wenn die Reisen bis auf unbestimmte Zeit nicht durchführbar sind.
Was rätst du Menschen, die, sobald möglich, wieder auf Reisen gehen wollen?
Sarah: Ich rate so flexibel wie nur möglich mit seiner Reise zu sein. Man sollte sich nicht zu sehr auf eine Region/Land fokussieren. Wenn Rhodos z.B. angedacht ist, kurz vor Abreise sich die Lage zuspitzt oder das Areal gar zum Risikogebiet erklärt wird, dann sollte man flexibel sein und sich für seinen Urlaub eine andere Region aussuchen. Dazu gehört natürlich auch, dass man auf die flexiblen Hotelangebote bzw. allgemeinen Buchungsangebote zurückgreifen sollte. Viele Hotels bieten für einen kleinen Aufpreis kostenlose Stornierungsmöglichkeiten an und an den paar Euro sollte man nicht sparen! Und: Nehmt Ziele unter die Lupe, die auch mit dem Auto erreicht werden können.
Wie sehr, denkst du, beeinflusst die Corona-Pandemie die Art, wie wir Menschen künftig reisen werden?
Sarah: Ich denke, dass sehr viele Menschen etwas bewusster reisen werden und Inlandsreisen durchaus mehr Gewicht schenken. Deutschland hat wunderschöne Ecken zu bieten und viele werden sich genau diese Ecken mal vornehmen. Zum einen, weil dem ein oder anderen bewusst wird oder wurde, dass es dem Klima etwas gut tut – aber auch, weil man die Begebenheiten in der Nähe besser kennt und somit ein klein wenig gelassener reist, zusätzlich werden Auto- und Camper-Reisen immer attraktiver/interessanter. Aber ich denke auch, dass viel mehr Reisen innerhalb Europas vorziehen werden, anstelle von Fernreisezielen wie nach Thailand, Südamerika und Co. Klar, ist eine Fernreise beispielsweise nach Sri Lanka noch mal was ganz anderes, aber warum einen so weiten Weg hinter sich legen, welcher natürlich auch ermüdetet, wenn das Schöne auch so unmittelbar in der Nähe liegt?
Mehr über „Urlaub, Reisen und Roadtrips in Zeiten der Corona-Pandemie“ findest du hier im Hauptartikel zum Thema. Zudem haben wir aus den Gesprächen und Erfahrungen von Reisenden, Reiseanbietern und Reisebranche-Insidern im Winter 2020 sieben Regeln für das Reisen während der Corona-Pandemie erstellt. Zu diesen Regeln gelangst du hier.
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Interview: 2020, Sarah Pour mit Roadtrip Stories (Titelbild: © Sarah Pour)